Weil Gott handelt
Predigt Christvesper - 24. Dezember 2014
Pfarrerin Antje Lütkemeier, Bad Lippspringe
Gnade sei mit euch und Friede von dem der war, ist
und kommen wird.
Weihnachten, liebe Gemeinde, Weihnachten, ich
muss Ihnen das hier mal sehr deutlich sagen, Weihnachten wird
abgeschafft. Es hat sich nicht bewährt, es gibt einfach zu viele
Nachteile.
Das Wetter, um mal da anzufangen, passt in keinem
Jahr. Manchmal, so wie in diesem Jahr, viel zu warm, zu nass und zu
grau. In manchen Jahren scheint die Sonne, da hätten wir uns die
Kerzen sparen können, die kommen gar nicht recht zur Geltung.
Manchmal ist es so kalt und auch glatt, dass man sich nicht aus dem
Haus traut. Wann war das Wetter zuletzt wirklich weihnachtlich?
Wenn Weihnachten abgeschafft wird müssen wir uns nicht mehr aufregen
über das Verkehrschaos in den Städten. Wir hätten keinen Grund mehr
zum Klagen über die ganze Hektik und den Vorweihnachtsstress.
Niemand wird mehr bis an den Rand der Besinnungslosigkeit für die
Besinnlichkeit schuften. Wir sparten viel Geld, denn es müsste dann
ja auch keine Geschenke mehr geben, kein lästiges Überlegen, was
schenke ich wem, habe ich irgendwen vergessen? Um dann doch wieder
Socken, Gutscheine oder Geld zu verschenken, kann man ja immer
gebrauchen.
Ein großer Vorteil ist auch, dass dann nicht ab Mitte
November schon in allen Kaufhäusern und Fernsehsendungen und
Radioprogrammen die immer gleichen Weihnachtsschlager gedudelt
werden müssen. Kein „I’m dreaming of a white Christmas“, keine
„Stille Nacht“ lange vor dem Ewigkeitssonntag und auch kein „Last
Christmas“ zum 150. Mal am gleichen Tag.
Wir können dann auch
ganz entspannt die Lebkuchen und Dominosteine Ende August in den
Geschäften entdecken und uns freuen, dass sie frisch und lecker
sind. Ohne Weihnachten gibt es ja keinen Grund, sie nicht zu kaufen.
Oder es gibt keine Lebkuchen und Dominosteine?
Ohne Weihnachten
gibt es keinen Stress um den perfekten Weihnachtsbaum und keine
ökologischen Probleme mit Tannenbaum-Monokulturen.
Ohne
Weihnachten müssen wir auch nicht stöhnen über nur Sitzen und Essen,
und die Gewichtszunahme an Feiertagen.
Ohne Weihnachten kehrt in
vielen Familien Frieden ein, denn der Alltag wird durch keine
Feiertagsherausforderung oder gar -Überforderung unterbrochen. Auch
die Rate der Ehescheidungen wird sinken.
Ohne Weihnachten wird es
weniger Enttäuschungen geben: ich rede von enttäuschten Kindern, die
ein anderes Geschenk erwartet hatten, von enttäuschten älteren
Menschen, die sich einen Besuch erhofft hatten, von enttäuschten
Ehefrauen, die sich etwas mehr Anerkennung für ihre ganze
Festtagsvorbereitungsmühe ersehnten, und von enttäuschten
Gottesdienstbesuchern, die sich auf eine erbauliche
Weihnachtspredigt gefreut hatten.
All die
Pflichttermin-Weihnachtsfeiern werden abgeschafft, die in der Firma,
im Verein und die bei Tante Agathe.
Das Volk, das noch im
Finstern wandelt – bald sieht es Licht, ein großes Licht. Heb in den
Himmel dein Gesicht und steh und lausche, weil Gott handelt.
Und steh und lausche weil Gott handelt. Gott handelt?
Aber
das bedeutet doch, dass es gar nicht am Wetter, an der Stimmung, an
den Geschenken, an den Festtagsvorbereitungen liegt. Und schon gar
nicht an Ihnen oder mir.
Gott handelt.
Wir können nichts tun,
wir müssen nichts tun.
Gott handelt, Gott wird als Mensch
geboren, Gott schenkt uns das Christfest. Und Gott braucht dazu rein
gar nichts von all dem, womit wir uns die Festtage schmücken,
dekorieren oder zurümpeln, je nach dem.
Gott kommt uns zu
Weihnachten ganz nahe. Er wird Mensch und geht selbst durch alle
menschlichen Empfindungen, durch alle Freude und alles Leid.
Was
Weihnachten bedeutet, dass Gott in dem Kind von Bethlehem Mensch
wurde, das können wir in jeder Lebenssituation erfahren. Und gerade
weil er alle menschlichen Lebensumstände „am eigenen Leibe erfahren
hat“, gibt er uns dadurch zu verstehen: Ich weiß sehr wohl, wie es
dir geht. Ich kenne deine Angst, deine Sorgen. Ich weiß um deine
Einsamkeit. Ich verstehe deine Sehnsucht.
Und Gott handelt. Gott
lässt es Weihnachten werden, das heißt, Gott kommt in unseren
Alltag, wo immer der Stall auch steht, in dem wir gerade sind, oder
auf welchen Arbeitsfeldern wir gerade unsere Schäfchen ins Trockene
bringen.
Gott schenkt uns Weihnachten und wir können nur, wir
dürfen stehen und lauschen, weil Gott handelt.
Seit es Weihnachten gibt ...
Brauchst
du dich nicht mehr selbst zu erlösen,
musst nicht um deinen
Anteil am Leben kämpfen
Du musst dich vor dir nicht beweisen,
brauchst andere nicht zu überbieten
Du brauchst dich nicht mit
anderen vergleichen
musst andere nicht verurteilen
Du musst
dich nicht grösser darstellen,
brauchst andere nicht klein
machen.
Du kannst der Liebe trauen, sie annehmen,
sollst
wissen, dass du liebenswert bist,
Du darfst einfach Mensch sein.
Weil Gott eine Brücke schlägt, Himmel und Erde verbindet
innen
und aussen - Diesseits und Jenseits
Leben und Tod ...
und die
Welt durchdringt.
Du brauchst es nur zuzulassen. Sonst nichts.
Mach‘s wie Gott, werde Mensch!*
Amen und frohe WEIHNACHTEN Ihnen allen
* (Quelle: www.ref-sg.ch/anzeige/projekt/82/131/bausteine_weihnachten.doc)
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